Sonntag, 16. November 2014

Hamburgteile 42C

Der Junge aus den Walddörfern


Hier war immer alles in Ordnung trotz roter Haare und Wuschelkopf und trotz der Begriffe, die man für ihn fand. Am Sonntag gab es Toast vom Vater mit Schinken und Rührei. Am Montag war der Junge ins Leben integriert. Kein Montagsschwänzer. Die einzige Droge war die Muskatblüte, weshalb ihm vom süddeutschen Fleischkäse schlecht wurde. Sonst Selter auf Ex. Vor der Schule warteten die eidotterblonden Pferde- und Tennismädchen nicht auf ihn. Nicole ging mit Manuel und Esther mit dem Fahrradständer lieber als mit ihm. Im Urlaub wurde er nicht braun. Vater schlug ihn nicht einmal. Er hatte für alles mehr oder weniger Verständnis, dieser Mann. Schrecklich! Seine Schulkameraden hatten wenigstens Bierfahnenväter und Sekretärinnenmütter, alleinerziehend und ungeschminkt mit dem Hund aus dem Tierheim, Promenaden gemischt und mehr geliebt als sein Hasso, weil reinrassig und korrekt erzogen. An die Polizei ausgeliehen.

Der Junge aus den Walddörfern träumte vom WG Leben mit radikalen Tierschützern, Veganern und Agnostikern. Seine Mutter hat früher immer diese Frischkäsedreiecke gekauft mit Schinken drin. Die mochte er nicht, weil ihn die Schinkenstücke farblich an seine Haare erinnerten. Er hatte Sehnsucht nach der ersten Schimmelschicht auf dem liegen gebliebenen Abwasch, welche sich erst nach mehrmaligen Aufweichen etwas löst.

Irgendwann stand er mit einer Packung Buttermilch so lässig wie er konnte am Fahrradständer. Es ging ihm gut, aber keiner beachtete ihn.






16. November 2014

Fotos Duvenstedt 15.9.2014





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen